Scouting bis der Arzt kommt

Klar gab es das schon immer. Ein starker Jahrgang im Verein mit einigen herausragenden Talenten zog schon immer die Scouts der ansässigen NLZ Vereine magisch an, die sich dann den einen oder den anderen Spieler herauspickten. Das geschah oftmals im Altersbereich U12, und wir waren darauf als kleiner Verein immer irgendwie auch stolz. Die Spieler, die wechselten wurden beim großen Sommerturnier mit einem kleinen Pokal und großem Applaus verabschiedet. Und nicht wenige kamen irgendwann zu Besuch oder sogar auch aktiv wieder zurück. Alles war irgendwie gut.
Aus heutiger Sicht mutet diese Erinnerung an wie aus einem anderen Jahrhundert.
Bis vor ein paar Jahren war die regionale Vereinsstruktur recht einfach in München. Es gab drei NLZs (1860, FC Bayern, Unterhaching) und einige wenige Vereine, die sich die NLZ Abgänger schnappten, um möglichst hochklassig zu spielen.

Mittlerweile scouten aber in München nicht nur die NLZs. Daneben werben erklärte Leistungsvereine mit NLZ artiger Ausprägung aktiv um Spieler, kommerzielle Fußballschulen übernehmen quasi Jugendabteilungen und werben aktiv. Sportlich überregional ambitionierte Vereine bekommen längst nicht mehr automatisch die NLZ Dropouts. Auch sie müssen aktiv um die Spieler der normalen Vereine werben. Und es gibt auch noch die sogenannten Projektteams der Fußballschulen in Vereinen, die natürlich auch eine Anziehungskraft im Umfeld erzeugen.
Diese Gemengelage führt dazu, dass ein echtes Rennen um die mehr oder weniger hoffnungsvollen Talente begonnen hat. Scouts aller Art fluten die Plätze der Region und stehen sich zum Teil dabei gegenseitig auf den Füßen. Ein mir persönlich bekannter Scout berichtete mir, dass viele Spieler mittlerweile genervt auf die Ansprache reagieren. Nach dem Motto: Du auch noch…
Vermutlich werden auch schon Scouts gescoutet…

Diese Entwicklung sorgt vor allem bei den „normalen“ Vereinen für erhebliche Orientierungsprobleme, zumal sich das Scouting mittlerweile auch auf ambitionierte Jugendtrainer erweitert hat. Es stellt sich die Frage, wie ein normaler Stadtteilverein auf diese Entwicklung reagieren kann, um weiterhin attraktiv für Spieler und Ehrenamtler zu sein. Zumal die Qualität der sportlichen Strukturen (Infrastruktur, Trainer) am Ende auch eine finanzielle Dimension hat, die ein normaler Stadtviertelverein kaum stemmen kann.

Wir sind in unserem Verein aktuell auf der Suche nach der Antwort.

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