Lothar Matthäus verkündet das Ende seiner Trainerkarriere – echt jetzt? We call it a Klassiker!
Vor zwei Jahren gab es bereits erste Schlagzeilen. Lothar Matthäus übernahm die damalige U10 des TSV Grünwald. Eine U10, in der er auch seinen Sohn betreute. Eine Geschichte also, die in fast jedem Fußballverein der Republik, der Jugendarbeit betreibt, tägliches Brot ist. Oftmals ist es sogar Bedingung, dass sich ein Vater als Trainer bereit stellt, damit überhaupt Mannschaften zusammen kommen. Dies war in diesem Fall höchstwahrscheinlich nicht der Fall.
Matthäus damals 8 jähriger Sohn war gerade ein paar Monate zuvor vom anderen Ende der Stadt, aus Unterföhring nach Grünwald gewechselt. Dass sein Sohn im Alter von 8 Jahren in einer Mannschaft von 10 Jährigen spielte, ist schon ein deutliches Indiz, dass es doch primär um die Entwicklung des eigenen Filius gehen sollte.
Bereits zwei Wochen nach seinem Antritt als Trainer machte Matthäus Schlagzeilen, weil die 10-jährigen Liegestützen machen mussten, wenn Sie Übungen nicht sauber umsetzten. Am Spielfeldrand agierte er impulsiv und laut. Das durfte ich auch selbst erleben. Es machte den Anschein, dass Matthäus seine Rolle als Kindertrainer ein wenig zu erwachsen interpretierte. Spieler, die nicht schritthalten konnten oder wollten, wurden in „schwächere“ Teams gegeben und durch leistungsstärkere ersetzt. Letztlich eine klassische Selektion. Soweit, so schlecht.
Der sportliche Erfolg stellte sich ein. Erfolg – sicherlich kann Lothar Matthäus als erfolgsbesessen bezeichnet werden. Was im Profibereich eine Stärke ist, führt im Kinderbereich fast immer zwingend zu den bekannten negativen Folgen. Wenn der Sieg über allem steht, steht immer die sportlich vermeintlich stärkste Mannschaft auf dem Feld. Der Rest des Teams bleibt auf der Strecke. Weniger Spielzeit, weniger Beachtung im Training usw… Die Schutzreflexe der betroffenen Eltern werden ausgelöst. Und die Sache eskaliert. Die Eltern rebellieren, sehen ihre Kinder zurecht benachteiligt.
Die Konsequenz von Lothar Matthäus. Er schmeißt hin. Schön öffentlich. Schön laut. In einem Nebensatz wird erwähnt, dass sein Sohn, und ein paar andere aus dem Team den TSV Grünwald verlassen. Zum FC Ismaning, der wiederum über 30 Kilometer entfernt vom TSV Grünwald am exakt anderen Ende der Stadt liegt. Wo immer Matthäus wohnen mag. Sinnvoll erscheint dies nicht.
Sein Sohn ist nun im Altern von 10 Jahren also im dritten Verein. Die Lehre, die er ziehen wird: Bin ich genervt, läufts nicht wie ich will, dann ziehe ich einfach weiter. Es ist mittlerweile ja gelernt, Konflikte nicht mehr auszutragen, sondern diesen auszuweichen. Ganz nebenbei – es wurde bereits vor mehreren Wochen in der Szene darüber gesprochen, dass Matthäus mit einem Großteil des Teams aus Grünwald nach Ismaning wechseln würde. Neu ist das alles also nicht.
Was steckt in dieser Geschichte? So einiges:
Ein prominenter Ex Profi mit Erfahrung als Herrentrainer versucht sich als Kindertrainer seines eigenen Sohnes. Übertriebener Ehrgeiz, Erfolgsdruck und Selektion führen zunehmend zu Unruhe bei den Eltern und vermutlich auch bei den Kindern. Die Eltern rebellieren und das Team zerfällt.
Es stellt sich dabei die Frage, um wen es eigentlich geht im Kinderfußball? Es geht, wenig überraschend, um die Kinder.
Es geht darum, den Kindern Freude an der Bewegung und vor allem am Teamsport Fußball zu vermitteln. Es geht um die Vermittlung grundlegender gesellschaftlicher Werte. Die Geschichte des Lothar Matthäus und dessen Sohn ist dabei nur eine besonders laute Variante einer Geschichte, die leider Standard im deutschen Kinderfußball ist. Sportlicher Erfolg als einzige Maxime zerstört den Kinderfußball.