Kinderfußballrevolution Funino – das könnte was werden!

Über Funino sagen viele: „Das ist doch kein richtiger Fußball!“ Nichts
könnte falscher sein. De neue Minifußball macht Kindern nicht nur Spaß,
sondern schöpft ihr Talent besser aus.

Ich war selbst mal verbohrt. Als ich noch ein junger Trainer war, habe
ich mich gegen eine neue Idee gewehrt, obwohl sie gut war. Die
Spielfelder für Kinder wurden damals verkleinert. Mir war klar, dass wir
keine Chance mehr haben würden, gegen 1860 München oder den FC Bayern.
Auf dem größeren konnten wir diese Gegner schon mal schlagen, weil ich
auf die Vorteile meiner körperlich stärkeren Spieler setzte. Gewinnen
war mir damals wichtiger als langfristige Entwicklung, das war ein Fehler.

Insofern kann ich den Widerstand gegen die Reform zumindest im ersten
Moment nachempfinden, die dem DFB jetzt entgegenschlägt. Der Verband
wird den Kinderfußball reformieren. Ab 2024 werden die Altersklassen
unter elf Jahren ihre Wettbewerbe anders austragen als bisher. Es gibt
keine Ligen und Tabellen mehr, auch keine Spiele im herkömmlichen Sinne.
Stattdessen finden Turniere zwischen Mini-Teams aus zwei oder drei
Spielern statt, und das Feld ist nur noch so groß wie beim Basketball.
Die auffälligste Änderung: Man spielt auf vier kleine Tore, nicht mehr
auf zwei große. Das ganze nennt sich Funino.

Das finden nicht alle in den Vereinen gut. Funino erfordert eine andere
Organisation. Manche sagen: Das ist doch kein richtiger Fußball. Manche
Ablehnung rührt aber auch daher, dass man sich vom DFB nichts mehr sagen
lassen will. Der neue Minifußball ist gar Gegenstand eines Kulturkampfs
geworden. „Wir züchten ein Volk von neurotischen Loser-Memmen“, schrieb
ein User auf Twitter, der ein Herz für die FDP im Profil stehen hat.

Ihm sei von jemandem an der Basis gesagt, der viele Jahre mit
Jugendlichen auf und neben dem Platz steht: Nichts könnte falscher sein.
Funino, das beim FC Barcelona erprobt wurde, ist großartig. Es macht
Kindern Spaß und Studien ergeben, dass sie schneller Passen und
Freilaufen lernen. Sie erlangen mehr Spielübersicht. Proficlubs wie die
TSG Hoffenheim, der FC St. Pauli oder der 1. FC Nürnberg haben beste
Erfahrungen damit gemacht. Auch in den kleinen Vereinen funktioniert das
wunderbar.

Im Vordergrund steht also nicht, wie kolportiert, eine
Wohlfühlpädagogik, sondern klare Ausbildungsziele. Funino schöpft Talent
besser und umfangreicher aus, weil es von allen Beteiligten stetes
Aktivsein verlangt. Die Spielerinnen bekommen viel öfter den Ball, sie
müssen ständig angreifen oder verteidigen, Zweikämpfe führen,
Gegnerinnen ausspielen. Eine Pause können sie sich nicht erlauben. Das
ist im konventionellen Sieben gegen Sieben oder Elf gegen Elf anders.

Beim Drei gegen Drei nehmen die Schwächeren auch am Spiel teil, sie
schießen sogar Tore. Schwächer heißt ja nicht unbedingt schlechter,
verschiedene Kinder befinden sich meist auf einem verschiedenen
Entwicklungsstand. Ein Altersunterschied von acht oder elf Monaten kann
riesig sein. Funino wirkt der ungerechten Praxis, Kinder unwillentlich
zu benachteiligen, die im November oder Dezember geboren sind, entgegen.

Funino verzichtet auf die Torspieler, aber auf diese Position sollte man
sich ohnehin später spezialisieren. Manuel Neuers Nachfolger müssen das
Spiel mit dem Ball am Fuß beherrschen. Und durch eine Sechs-Meter-Zone
werden Weitschüsse verhindert. Im alten Modell hat es oft genügt, hoch
zu schießen, um ein Tor zu erzielen. Denn die Latte hing zu hoch für den
Knirps, der drin stand. Es hat also Spielverhalten gefördert, das sich
auf lange Sicht als nicht zielführend herausgestellt hat. Um ein Tor
beim Funino zu erzielen, muss man sich mehr einfallen lassen.

Die Erfinder von Funino haben gesagt: Wir passen die Regeln dem Kind an.
Dadurch ist es ein Spiel, für das sie körperlich bereit sind. Und
mental, den Schiedsrichter gaben sie selbst. Gefoult wird in diesem
Alter ohnehin fast nie.

Eine weitere Sonderregel finde ich ganz wichtig: Gewechselt wird (falls
Wechselspielerin vorhanden) nach jedem Tor automatisch in der Rotation.
Funino verändert also auch die Rolle des Trainers. Ich hatte selbst mal
einen Bambini-Kader von 22 Spielern. Jedes Wochenende musste ich der
Hälfte meiner Spieler mitteilen: Du bist diesmal nicht dabei. Vier
weitere Kids saßen auf der Bank. In einem engen Spiel wechselte ich bei
einer 1:0-Führung mal einen schwächeren Spieler ein, dann verloren wir
noch 1:2. Das nahmen mir andere Spieler und auch Eltern übel.

Nun bestimmt nicht mehr der Trainer, wer spielt und wer nicht. Welch
eine Erleichterung! Auch die Eltern, hochmotiviert, sind kein Problem
mehr, denn Funino gehört ganz den Kindern.
Die wollen, das ist zumindest meine Erfahrung, zumindest ab einem
gewissen Alter, aber auch ab und an mal aufs große Feld, mit Torspieler
im Tor, den Sieg gegen den Nachbarverein, eine Tabelle. Diesem Wusch
nach Old School sollten Vereine und Verbände gerecht werden und solche
Wettbewerbsformen weiterhin einstreuen.

Doch ansonsten sage ich etwas, das ich selten sage: Der Plan des DFB für
den neuen Kinderfußball ist sehr gut.

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