Der geteilte Fußball – brauchen wir einen eigenen Amateurverband?

Wie war das gleich mal? Am Samstagnachmittag spielten die Profis in der Bundesliga und danach lief die Sportschau. Der Sonntag war der Tag der Amateure. Das bedeutete, dass sich die Bundesliga und der Amateurfußball ergänzten und zumindest bis auf wenige Ausnahmen nicht in zeitlicher Konkurrenz standen. Profi- und Amateurfußball waren zeitlich miteinander verzahnt. Damals…

Heute zeichnet sich dieses Bild komplett anders. Der Amateurfußball wird bei den Spieltagsplanungen nicht mehr berücksichtigt. Spieltage ziehen sich von Freitag bis Montag und sind dabei noch mit Zeitversatz der Anstoßtermine gespickt. Die verbleibenden Tage von Dienstag bis Donnerstag werden mit der mittlerweile beliebigen Massenware Europacup verfüllt. Profifußball über alles!

Der Amateurfußball ist in diesem großen Geschäft mit Werbezeiten und Bildschirmpräsenz längst zum lästigen Anhängsel geworden. Dabei ignorieren die Drahtzieher der großen Deals, allen voran die FIFA, im völligen Milliardenrausch, dass das Interesse am Fußball vor allem dort entsteht, wo noch selbst gekickt wird. Jugend- und Amateurfußball sind die Triebfedern des Gesamtsystems. Hier entsteht Begeisterung für den Sport. Hier werden grundlegende soziale Werte vermittelt. Hier entfaltet der Teamsport Fußball seine unglaubliche verbindende Kraft. Hier entsteht auch die Kraft, die ein Riesenheer von Ehrenamtlern motiviert. All dies ist längst aus dem Fokus des Geschäfts geraten. Die Kluft zwischen den eigentlich ursächlich miteinander verbundenen Bereichen wächst in einem atemberaubenden Tempo und scheint mittlerweile unüberbrückbar und irreversibel.

Nehmen wir das mittlerweile allgemein bekannte Thema Grundlagenvertrag zwischen dem DFB als Vertreter der Amateure und der DFL. Deckelungen und Verrechnungsposten sorgen dafür, dass vom mittlerweile über 4 Milliarden Euro großen DFL-Kuchen lediglich 6 Millionen Euro beim DFB für die Amateure landen. Dieser Betrag (entspricht 0,0015%) darf durchaus als Schamgebühr bezeichnet werden und zeigt die mittlerweile fest verankerten Wertigkeiten zu Lasten der Amateure dramatisch auf.

Die Folge: Frustration in den Vereinen und beim Ehrenamt. Die Basis erodiert. Aktuell noch langsam, aber merklich. Der Erdrutsch droht, und keiner schaut hin!
Es drängt sich die Frage auf, ob die bestehende Verbandsstruktur (BFV-DFB-UEFA-FIFA) die Belange der Amateure überhaupt noch vertreten kann. Die Zweifel wachsen. Zu verfestigt scheinen die Mechanismen, verkrustete und von Seilschaften durchzogene intransparente Strukturen lassen den Glauben an eine Reformierbarkeit des Systems schwinden.
Fühlen sich die Vereine an der Basis von den Landes- und Nationalverbänden repräsentiert? Oder wäre es einen Gedanken wert, einen eigenen Verband für die Fußballamateure ins Leben zu rufen? Nichts ist für die Ewigkeit. Und kein Verein ist gezwungenermaßen Teil eines Verbands. Letztlich wäre eine eigenständige Amateurorganisation die logische Konsequenz der euroverblendet eingeschlagenen Richtung der Verbände und Ligen.

Mit dem designierten DFB-Präsidenten Fritz Keller hat der DFB vermutlich seinen letzten Pfeil im Köcher. Herr Keller muss nun sehr schnell zeigen, dass er das Thema Amateurfußball ernst nimmt, um Akzeptanz in der Breite zu finden. Die Amateurvereine entwickeln zunehmend ein Bewusstsein für die eigene Wertigkeit und werden sich nicht mehr mit Worthülsen und Hinhalteparolen abwimmeln lassen.

In diesem Sinn ruhen nun große Hoffnungen und Erwartungen auf Herrn Keller.
Es gilt ihm Glück zu wünschen für die gewaltige Aufgabe zwei auseinander driftende Pole wieder zu vereinen. Wir werden es erleben!

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